Innichen bekommt 40 Flüchtlinge. Diese Meldung schlug ein wie eine Bombe. Damit die Diskussion nicht völlig aus dem Ruder läuft, hielt man eine Bürgerversammlung ab. Dabei konnten die Gemüter nur zum Teil beruhigt werden. Wichtige Fragen bleiben nach wie vor offen.

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Das Thema brennt unter den Nägeln. Mehr als 400 Leute kamen ins Resch-Haus.    albi

Rund 400 Menschen drängten sich in den Josef-Resch-Saal. Die Spannung war fast mit den Händen zu greifen. Die Unterbringung von 40 Flüchtlingen ist das Thema schlechthin. Bürgermeisterin Rosmarie Burgmann bemühte sich von Beginn an, beruhigend auf ihre Schäfchen zu wirken. Das gelang auch zum größten Teil. Doch der Ärger über „die in Bozen“ war offensichtlich. Im Grunde bei allen Beteiligten. Denn die Informationspolitik rund um die Unterbringung der 40 Flüchtlinge in Innichen war wieder einmal eine Katastrophe. Noch bevor die Innichner Bevölkerung darüber in Kenntnis gesetzt werden konnte, flatterten entsprechende Meldungen schon durch verschiedene Medien. Hals über Kopf wurde also der Informationsabend angesetzt, um mit den Leuten ins direkte Gespräch zu kommen.  Die beiden Moderatoren Peppi Kühbacher und Christiano Mazzi wiesen mehrfach darauf hin, dass man diskutieren, aber fair miteinander umgehen solle. Die beiden hatten die Situation auch gut im Griff.

 

Herausforderung meistern

Bürgermeisterin Burgmann stellte dann auch klar, dass sich Innichen keinesfalls der Verantwortung entziehen möchte. „Allerdings: Als uns mitgeteilt wurde, dass im Bereich der ehemaligen „Druso“-Kaserne 40 Flüchtlinge untergebracht werden sollen, waren wir mehr als überrascht, wissend um den desolaten Zustand der Struktur“, sagte sie. Innichen müsse sich der derzeit alles beherrschenden Thematik stellen, aber es gelte zu bedenken, dass man noch nicht vorhersehen kann, wie sich das "Grenzmanagement" Österreichs auf die Grenzgemeinde Innichen auswirken wird. An Landesreferentin Martha Stocker richtete sie die Bitte, dass sie mit der Unterbringung der Flüchtlinge bis nach dem Sommer zuwarten sollte. Ob dieser Bitte entsprochen wird, ist noch immer Gegenstand von Diskussionen.

 

Verständnis zeigen

Martha Stocker bat dann die Innichner um Verständnis für die Vorgangsweise. „Wir sind hier, weil Menschen auf der Flucht sind, vor Krieg, vor Hungersnöten und sicher auch wegen der Wirtschaftsflüchtlinge. Wir haben in Südtirol zwischen 960 und 1.200 Flüchtlinge die wir aufgenommen haben. Ein Großteil dieser Menschen ist in Bozen untergekommen und der Rest verteilt sich auf das ganze Land“, so Stocker. Insgesamt nimmt Südtirol im Rahmen eines gesamtstaatlichen Abkommens gerade mal 0,9 Prozent der in Italien gestrandeten Menschen auf. Für Caritas-Direktor Franz Kripp ist das ein Klacks.

Dieter Wurmböck, der Präsident des örtlichen Tourismusvereins, gab zu bedenken, dass auch der touristische Aspekt nicht außer Acht gelassen werde dürfe. Angrenzende Hotels befürchten bereits Einbußen. Kripp riet daraufhin, die Flüchtlinge als Gäste zu sehen. Er ging dann noch einen Schritt weiter. „Vielleichte könnte man daraus eine neue Marketing-Strategie ableiten. Denn Gäste bevorzugen immer Orte, die auch gegenüber Flüchtlingen aufgeschlossen sind“, ist Kripp überzeugt. Zumindest Wurmböck konnte er damit aber wohl nicht überzeugen.

 

Die Kosten

Auffallend ist aber, dass rund 90 Prozent der Flüchtlinge ausschließlich junge Männer zwischen 30 und 35 Jahren sind. Das sorgte auch in Innichen für kritische Zwischenfragen. Ebenfalls kritisch hinterfragt wurde, wie viel die notwendige Sanierung der Drusus-Kaserne kosten wird. Darauf gab es auch nur ausweichende Antworten, jedenfalls keine konkreten Zahlen. Von den verschiedenen Akteuren gab es lediglich die Auskunft, dass die Adaptierung relativ geringe Kosten verursachen dürfte, weil die vier großen Wohnungen, die für die Flüchtlinge hergerichtet würden, noch recht gut in Schuss seien.  

Pro Flüchtling bekommt das Land vom Staat exakt 28 Euro pro Tag. Acht Euro Taschengeld für die Flüchtlinge und 20 Euro für die Erhaltung der Struktur. Während der Dauer des Asylverfahrens, das sich bis zu zwei Jahren hinziehen kann, müssen die Menschen per Gesetz in Aufnahmezentren untergebracht werden. Immer wieder wurde auch vorgeschlagen, die 40 Flüchtlinge auf mehrere Gemeinden des Hochpustertales aufzuteilen. Eine PZ-Umfrage hat ergeben, dass in den entsprechenden Gemeinden auch schon erste Gespräche in dieser Sache geführt wurden.

Doch die Landesregierung möchte am Standort in Innichen festhalten. Sollten Flüchtlinge wegen Grenzkontrollen oder andren Gründen in Südtirol stranden, sollen sie laut Stocker entlang der Hauptverkehrsadern an klar definierten Unterbringungszentren mit entsprechenden Kapazitäten untergebracht und versorgt werden. „Wir müssen in dieser heiklen Angelegenheit alle an einen Strick ziehen“, gab Stocker dann die Marschroute vor. Denn hinter jedem Flüchtling sei ein Mensch. Wohin aber der Weg letztlich führt, muss sich noch zeigen.    

Albert Dejaco

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