Corona und die Menschlichkeit

  

Die Coronavirus-Pandemie hat uns voll erfasst. Noch vor wenigen Wochen wurden darüber Witze gerissen, blöde Lieder ins Netz gestellt und mahnende Stimmen als Panikmache verunglimpft. Die Regierungen auf Staats- und Landesebene haben nach langem Zögern schließlich durchgegriffen und zum Teil harte Maßnahmen umgesetzt. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob das anfängliche Nicht-Ernstnehmen mehr Menschen das Leben kosten wird oder nicht. Völlig von der Rolle ist in dieser Hinsicht aber die EU. Obwohl sonst jeder Pappenstiel reglementiert wird, konnten sich die Brüsseler Politbürokraten erst am 16. März 2020 dazu durchringen, die Außengrenzen zu sperren und die Freizügigkeit einzuschränken. 

 

Das ist eine totale politische Bankrotterklärung. So wird es auch nichts mit dem viel beschworenen europäischen Geist. Denn wenn es um die Volksgesundheit geht, dann verstehen die Bürger – zu Recht – keinen Spaß und dulden auch keine Trödeleien. Das gilt auf allen Ebenen – auf europäischer genauso wie auf Staats- und Landesebene. Die eigene Gesundheit hat einen dermaßen hohen Stellenwert, dass im Sog dieser Pandemie sogar Wahlen entscheidend beeinflusst werden. Das sage ich jetzt mal für die Zukunft voraus. Ein Grund dafür ist, dass die Menschen – zu Recht – den Eindruck haben, nicht immer korrekt, transparent und umfassend informiert zu werden. Darüber hinaus wurde der Ernst der Lage – speziell am Anfang – vielfach nicht erkannt. Dadurch wurde wertvolle Zeit verplempert. 

 

Im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie wurden wichtige persönliche Rechte der Menschen außer Kraft gesetzt. Zwar auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit, aber die Frage bleibt, wie mit grundlegenden Rechten umgegangen wird. So erschließt es sich mir beispielsweise überhaupt nicht, dass bei jedem Corona-Toten die halbe Patientenakte medial ausgebreitet wird. Man tut gerade so, als müsste man sich für jeden Toten rechtfertigen. Oder ist etwa jemand mit „Vorerkrankungen“ nur ein „halber“ Corona-Toter? So werden Menschen bewertet und sie werden stigmatisiert. Das ist inakzeptabel und menschlich unwürdig! Die Weitergabe der nackten Zahlen reicht doch aus. Schließlich werden die in Zukunft noch dramatisch genug sein. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass es sich auch bei einem Corona-Toten stets um einen Menschen handelt. Dahinter stehen darüber hinaus Angehörige, Freunde und Bekannte – also weitere Menschen. Bitte lassen wir uns Lebenden, aber auch unseren Toten, in Zeiten von Corona die Menschenwürde. 

 

Denn das Coronavirus wird uns noch lange beschäftigen und wohl für immer begleiten. Wir werden leben müssen, damit umzugehen. Wichtig ist, dass wir gemeinsam gegen das Virus vorgehen. Damit wir jene schützen, die sonst diese Pandemie nicht überleben werden. Dabei sind Egoismen fehl am Platz – auch wenn Egoismen alle unsere Taten lenken. Doch jetzt ist es an der Zeit, auch an andere zu denken. Vielleicht entpuppt sich gerade das als die größte Lehre aus dieser Krise. Das Schlechteste wäre das nicht!

    

 

Reinhard Weger

 

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