Italienischer Sommer

  

Mario Draghi, seit gut 17 Monaten italienischer Ministerpräsident, ist am 21. Juli 2022 zurückgetreten. Er hat zwar die Vertrauensabstimmung im Senat mit 95 Ja- gegen 38 Nein-Stimmen gewonnen, aber gleich drei Regierungsparteien entzogen ihm durch Fernbleiben die Unterstützung. Die Regierungskrise wurde übrigens von der 5-Sterne-Bewegung – sie wollen ja keine Partei sein – ausgelöst. Die Rechten haben den aufgelegten Elfer natürlich gerne angenommen und entweder gegen Draghi gestimmt oder die Abstimmung boykottiert. Draghi hat die Konsequenzen aus diesem unwürdigen politischen Spiel gezogen und seinen Rücktritt eingereicht. Staatspräsident Sergio Mattarella löste daraufhin das Parlament auf und setzte für den 25.09.2022 Neuwahlen an. 

 

Nun ist der Katzenjammer groß. Denn Draghi war für Italien wohl so etwas wie die letzte Rettung. Das Land steht vor großen Herausforderungen und steckt obendrein noch im Reformstau fest. Darüber hinaus erhält das Land von der EU 191,5 Milliarden Euro aus dem europäischen Corona-Wiederaufbaufonds. Daran gekoppelt ist allerdings ein ehrgeiziges Reformprogramm, das die EU auch gezielt einfordern will. Es steht also in den Sternen, ob die Gelder überhaupt vollständig fließen werden. Die Liste der großen Probleme lässt sich aber noch fortführen: Die Teuerungswelle, Energiekrise, die Kriegswirren in der Ukraine und die Seuchensituation machen eigentlich eine handlungsfähige Regierung absolut notwendig. Warum gerade in dieser Zeit so unverantwortlich gehandelt wird, ist wahrlich unglaublich. Eine Regierungskrise ist wirklich das Allerletzte, was Italien und auch Europa derzeit gebrauchen können. 

 

Der Sturz von Mario Draghi ist ein Geschenk für die Rechten und vor allem für den russischen „Präsidenten“ Vladimir Putin. Die Gefahr ist nämlich groß, dass die nächste italienische Regierung weniger proeuropäisch, dafür aber stärker nationalistisch und prorussisch ausgerichtet sein dürfte. Das wiederum dürfte Europa und vor allem den Euro unter Druck bringen. Die steigenden Zinsen werden nämlich eine zunehmende Belastung für das hoch verschuldete Land. Wenn die drittgrößte Volkswirtschaft in der EU in eine Finanzkrise schlittert, dann wird das auch starke Auswirkungen auf den Euro haben. Denn die Schuldenkrise aus dem Jahr 2010 ist noch allen in lebhafter Erinnerung. Das wäre dann wirklich der Super-Gau.

 

Es ist wichtig, dass bald Klarheit geschaffen wird und rasch die Probleme des Landes angegangen werden. Denn die Politik muss sich um die Probleme der Menschen ernsthaft kümmern. Diese stehen nämlich immer über egoistischen und parteipolitischen Überlegungen. In diesem Sinne haben die Unverantwortlichen in Rom eine Spirale eröffnet, deren Ende einen perfekten Sturm erzeugen könnte. Es bleibt zu hoffen, dass die zu erwartenden Sturmböen nicht zu verheerender Stärke anwachsen.       

 

              

Ihr Reinhard Weger

 

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