Der Schulterschluss

  

Die katholische Kirche steckt in einer problematischen Phase und muss sich verändern. Das hat nicht ausschließlich mit dem Zeitgeist zu tun. Es gibt nämlich auch strukturelle Probleme. Die Priester in den Pfarreien werden immer weniger und immer älter. Sie müssen immer mehr Aufgaben übernehmen, was schon rein biologisch nicht zusammenpassen kann. Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche hat darüber hinaus dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen von ihr abwenden, zumal diese Verbrechen noch nicht gänzlich aufgearbeitet worden sind. Der Umgang mit Frauen und sexuell anders orientierten Menschen ist ebenfalls zu überdenken. Die Art, Kirche zu gestalten, ist noch ausbaufähig. Es muss etwas getan werden. Denn sonst läuft die katholische Kirche Gefahr, dass sie letztlich in die Bedeutungslosigkeit absackt. Das wäre überaus schade. Denn viele Menschen können den wichtigen Werten der katholischen Kirche viel abgewinnen und verstehen diese als wichtige Ankerpunkte für das Leben.

 

Zudem engagieren sich viele Menschen in katholischen Einrichtungen und leben die christlichen Werte ganz bewusst. Es sind Werte, die unsere Gesellschaft ohne Zweifel besser macht. Denn Glaube, Liebe, Hoffnung, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Rechtsverständnis und Menschlichkeit – um nur die wichtigsten zu nennen – sind Wertvorstellungen, die zwar in der theologischen Ethik begründet sein mögen, aber gerade deshalb eine wichtige Grundlage für soziales und menschliches Handeln darstellen. Diese Werte haben die Kraft, unser Leben und damit auch unsere Gemeinschaften auf allen Ebenen besser zu machen. Sie bilden gewissermaßen ein stabiles Fundament für eine funktionierende Gesellschaft und sind letztlich perfekte Voraussetzungen für ein gutes Miteinander. Also im Grunde das, was immer wieder als idealer Lebenszustand gepriesen wird.

 

Insofern müsste die katholische Kirche doch ganz „in“ sein, wie man auf Neudeutsch so schön sagt. Wenn man sich die stets schrumpfenden Zahlen der treuen Kirchgänger aber so anschaut, dann ist wohl das Gegenteil der Fall. Um den Abwärtstrend aufzuhalten, muss dringend gegengesteuert werden. Die katholische Kirche muss sich fit für die Zukunft machen. Dazu gehört, dass sie für die groben Verfehlungen, wie sexueller Missbrauch, Verfolgung, Ausgrenzung und auch Betrug um Vergebung bittet. Darüber hinaus müssen die Arbeitsbedingungen und verwaltungsmäßigen Abläufe angepasst werden. Und zu guter Letzt ist es wichtig, die Stimme bei wichtigen Themen zu erheben und eine klare Position zu beziehen. Menschliche Ausgrenzung, Ungerechtigkeit, Armut, Klimawandel, Umweltzerstörung, gesellschaftliche Verrohung, Sterbehilfe – die Liste ließ sich beliebig fortführen. 

 

Nun wurde mit der Einsetzung der Seelsorgeeinheit Bruneck-St. Lorenzen ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Gut so! Das gibt Mut und stärkt die Hoffnung. Es ist eine echte Chance! 

 

 

Reinhard Weger

 

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