Am zehnten Mai hat Helmuth Innerbichler sein Amt als Bürgermeister abgegeben. Für viele war er ein Ausnahmetalent, für andere wiederum ein rotes Tuch. Die vielen juridischen Grabenkämpfe haben bei Innerbichler Spuren hinterlassen. Nun kehrt er der Politik definitiv den Rücken. 

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Helmuth Innerbichler prägte maßgeblich die Politik in Sand.    rewe

Helmuth Innerbichler hat die politische Landschaft in Sand drei Jahrzehnte lang mitgeprägt. Am zehnten Mai trat er nun von der politischen Bühne ab. Zuvor hat er noch im Rahmen der letzten Bürgerversammlung sein politisches Vermächtnis verkündet. Vor vollem Haus hielt er Rückschau auf die letzten zehn Jahre seiner Regentschaft. Er verwies auf zahlreiche Projekte und zeigte auf, dass über 100 Gemeinderats– und 500 Gemeindeausschusssitzungen abgehalten wurden. Dabei wurden insgesamt 9.316 Beschlüsse gefasst.
Innerbichler sieht sich als „Macher und Visionär“, verabscheut Kirchturmpolitik und vor allem „kleinkariertes Denken“. Doch oft war er für seine Bürger wohl einen Schritt zu schnell. Das räumte er unlängst auch selbst der PZ gegenüber ein. Dennoch: Seine Bewunderer zeigen immer wieder auf, dass er mit seinem Unternehmergeist in Sand in Taufers viel durchgesetzt und auch erreicht habe. Großveranstaltungen wie das „Dreitälertreffen“, das Fest der Chöre, Musik in Bewegung und vor allem die Verleihung des Europäischen Dorferneuerungspreises 2008 zählen zu den Höhepunkten seiner politischen Laufbahn. Weitere hohe Auszeichnungen wie der Climate Star 2009, der Architekturpreis 2011 für die Cascade und die Auszeichnung als „Beste Gemeinde in Bezug auf alternative Energie“ von Legambiente runden das Bild ab.
Etwas Bitterkeit klingt bei Helmuth Innerbichler durch, wenn er auf die vielen Schlammschlachten angesprochen wird. „Ich wurde oft persönlich angegriffen“, bringt er es auf den Punkt. Nicht alles prallte an ihm ab und so mancher Freundschaftsverrat wegen politischer Scharmützel hat auch bei ihm Spuren hinterlassen. Wir haben bei Innerbichler genauer nachgefragt.

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In der Marktgemeinde Sand gehen die Uhren immer etwas anders. In der Bildmitte die Sandner Feuerwehrhalle, die derzeit neu gebaut wird. Der Rohbau steht schon, mit der Einrichtung hapert es aber noch ein wenig.            wpz

 

PZ: Herr Bürgermeister, warum hören Sie mit der Gemeindepolitik auf?

Helmuth Innerbichler: Ich habe das Glück, meinen Abschied selbst bestimmen zu dürfen und muss nicht wegen der Mandatsbeschränkung aufhören.  Nach rund 30 Jahren in der Gemeindepolitik kann ich sagen, dass ich viel erreicht habe, viele Ziele und Visionen umgesetzt habe und jetzt den richtigen Zeitpunkt für gekommen sehe, meinen Hut zu nehmen. Ich war mit damals 21 Jahren der jüngste Gemeinderat, ich war 10 Jahre lang Vizebürgermeister und jetzt zwei Perioden lang Bürgermeister.

Was haben Sie in ihrer Zeit als Erster Bürger  nicht erreicht?

Da muss ich vom Dorfumfahrungsprojekt, dem Tunnel ins Ahrntal, berichten. Wir haben ein Projekt, die Grundverfügbarkeit und einen Beschluss. Leider hat uns die Landesregierung nicht wie erhofft unterstützt und so wird dieser Plan immer wieder aufgeschoben. Dabei wäre die Umsetzung des Projektes so wichtig für das Dorf Sand und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger.

Was sagen Sie rückblickend zur Arbeit der Opposition im Tauferer Gemeinderat?

Oppositionspolitik ist wichtig. Doch die Opposition sollte nicht immer und überall einfach dagegen sein. Wenn man zu einem Vorhaben nein sagt, sollte man auch eine Alternative präsentieren. Das war in unserem Gemeinderat leider öfters nicht der Fall. Enttäuscht hat mich oft auch die interne Opposition. In einer Gemeinde wie Sand sind vor allem unternehmerisches Denken und Weitsicht gefragt und daran hat es bei vielen gemangelt. Leider ist es auch in der Gemeinde Sand in Taufers vielfach so, dass der eigene Kirchturm vielen im Wege steht.

Wie lässt sich die Führung eines Unternehmens  mit der Arbeit als Politiker vereinbaren?

Das ist sehr schwierig! Ich habe ein mittelständisches Unternehmen mit 30 Angestellten und muss natürlich immer genügend Aufträge und Arbeit für sie haben. Ich finde daher, dass ich das Recht habe, mich auch an Ausschreibungen innerhalb unserer eigenen Gemeinde  zu beteiligen. Wenn im Gemeindeausschuss darüber abgestimmt wurde, habe ich immer den Raum verlassen. Insofern war alles gesetzeskonform. Trotzdem wurde versucht, mir daraus einen Strick  zu drehen. Doch verliefen alle diesbezüglichen Anzeigen und Anklagen im Sande.

Die Schwimmbad-Arena „Cascade“ hat immer wieder für Diskussionen gesorgt. Ist das Erlebnisbad aus Ihrer Sicht ein Vorzeigeprojekt oder doch ein Schuss ins Knie?

Das Erlebnisbad Cascade kann eindeutig als Vorzeigeprojekt bezeichnet werden. Es wertet die Region auf, unterstützt den Tourismus und ist letztlich eine Bereicherung für die Bevölkerung. Man muss auch sagen, dass die Finanzierung schon lange vorher vorbereitet wurde. Und zwar durch den Bau des Kraftwerkes und der Fernwärmeanlage und die daraus resultierenden Einnahmen. Der veranschlagte Preis von 12,5 Mio. Euro wurde um keinen Cent überschritten. 

Viele sagen aber, dass Sand auf den Folgekosten sitzen bleibe…

Ich kann Ihnen versichern, dass die Cascade funktioniert. Lassen wir die Leute arbeiten und das Projekt – auch in finanzieller Hinsicht – sich entfalten. Dank der Querfinanzierung ist das Vorhaben auch langfristig gesichert.

Immer häufiger hört man vom massiven Sterben eingesessener Hotel- und Familienbetriebe. Welche sind die Gründe dafür?

Das hängt wohl mit der Finanzkrise zusammen, außerdem kann auch ein Generationenproblem nicht geleugnet werden. So wie sich der Aufbau dieser Betriebe spiralförmig entwickelt hat – ein Betrieb hat den anderen mitgezogen – vollzieht sich jetzt der Zusammenbruch. 

Kommen wir zu Ihnen persönlich: Welche Freunde sind Ihnen seit dem Beginn Ihrer politischen Karriere geblieben?

Vor meiner politischen Arbeit hatte ich einige Freunde. Die sind bis heute geblieben. Während meiner Zeit im Gemeinderat kamen viele „Freunde“ dazu – meistens allerdings nur, wenn sie etwas von mir brauchten… Ich muss sagen, dass es einem schon nahegeht, wenn in etwas schwierigeren Zeiten die so genannten „Freunde“ plötzlich die Straßenseite wechseln und sich, sobald sich das Blatt gewendet hat, wieder anbiedern.  

Sehen Sie Ihren Abschied von der politischen Bühne mit Wehmut oder Erleichterung?

Momentan mit großer Erleichterung. Ich bin einfach müde ob all der Verantwortung, die man als Bürgermeister zu tragen hat - sei es in der Lawinenkommission oder beim Zivilschutz oder bei sozialen Härtefällen. Vermissen werde ich sicher die Möglichkeit, Visionen umzusetzen. Ich habe gerne gestaltet und gebaut, Ideen ausgearbeitet und Projekte weitergebracht. Das Kapitel „Politik“ ist für mich aber definitiv abgeschlossen. Ich werde mich nun anderen Zielen widmen, unter anderem dem Leaderprojekt, das jetzt auf das ganze Pustertal ausgeweitet wird. 

 

Interview: Monika Gruber

 

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