Gegen Jugendgewalt

  

Der Südtiroler Landtag hat vor kurzem einen Beschlussantrag zu Maßnahmen gegen Jugendgewalt angenommen. Der Antrag kam von Landtagspräsidentin Rita Mattei von der Lega und beinhaltet unter anderem einen Ausbau der Sozialdienste, einen Arbeitstisch zum Thema Jugendgewalt und eine grüne Nummer zur Meldung von Angriffen oder Mobbing durch Jugendliche. Das alles sind Maßnahmen, die durchaus geteilt werden können. Denn die Kinder- und Jugendgewalt wird immer mehr und kann in vielerlei Hinsicht vorkommen: Psychische und verbale Gewalt (z.B. Mobbing), körperliche und sexuelle Gewalt (z.B. Schlägereien, sexuelle Belästigung) bis hin zu Überfällen oder gar Mord oder Totschlag. Gewaltakte können sich gegen Menschen, Tiere und Gegenstände richten. Wobei schon klar ist, dass für derartige Gewalttaten nicht allein und nicht immer nur Kinder und Jugendliche die Verantwortung tragen. 

 

Im Verlauf des Erwachsenwerdens kommen viele Kinder und Jugendliche mit gewaltsamen Ereignissen in Berührung – entweder als Zeugin oder Zeuge, aber auch als Opfer oder sogar als Täterin bzw. Täter. Wenn Jugendliche aber gewalttätig werden, dann ist das häufig ein Zeichen dafür, dass sie ihre Grenzen ausloten möchten und ihren Platz in der Gesellschaft suchen. Wenn das Ganze dann aus dem Ruder läuft, muss mit aller Entschiedenheit Einhalt geboten werden. Allerdings sind in einigen Fällen diese Grenzüberschreitungen auch Zeichen einer beginnenden oder gar schon befestigten kriminellen Karriere. Daher ist es wichtig, diese Formen asozialen Verhaltens auf allen Ebenen schon früh zu erkennen und geeignete Maßnahmen umzusetzen, um dem wirkungsvoll entgegenzutreten. Wegschauen nützt nichts, denn Gewalthandlungen lassen sich meistens nicht auf eine einzige Ursache zurückführen. 

 

Vom Südtiroler Landtag soll auch geprüft werden, ob das Land bei Vandalenakten oder Straftaten als Nebenkläger auftreten kann. Das kann durchaus sinnvoll sein und sollte auch andere öffentliche Institutionen, vor allem die Gemeinden, einbinden. Darüber hinaus soll laut dem Lega-Antrag geprüft werden, ob die Eltern von minderjährigen Tätern in Sippenhaftung genommen werden können, indem ihnen gewisse Landesbeiträge und Förderungen gestrichen werden sollen. Wie bitte? Wer soll das denn entscheiden? Etwa die lieben Abgeordneten und ihr umfassender Beamtenstaat? Da habe ich meine größten Bedenken! Auch die Jugendanwaltschaft des Landes kann in der derzeitigen Besetzung wohl nicht den geforderten Dienst in umfassender Weise erbringen. 

 

Der Südtiroler Jugendring (SJR) hat auch die generelle und pauschalisierte Kriminalisierung der Jugendlichen kritisiert. Zu Recht! Denn vor allem im Wahlkampf wurden aggressive Töne angeschlagen, die auf keine Kuhhaut passen. Gerade in dieser Hinsicht ist es wichtig, verbale Abrüstung zu betreiben. Zudem müssen wir uns gesamtgesellschaftlich mit den Ursachen dieses – auch kriminellen – Fehlverhaltens auseinanderzusetzen. Dabei müssen die Eltern einbezogen und unterstützt werden. Pauschale Vorverurteilungen und Sippenhaftung der Eltern sind nicht zielführend. Damit werden vielmehr sozial- und einkommensschwache Familien getroffen und eine Zweiklassen-Gesellschaft aktiv befeuert. Das kann nicht unser Ansatz sein. Da braucht es noch eine intensive Nachdenkpause auf höchster politischer Ebene. Für reines Wahlkampfgetöse ist das Thema nämlich einfach zu wichtig!

 

 

Reinhard Weger

 

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