Die Parlamentswahlen

  

Die Wahlen zum verkleinerten italienischen Parlament sind geschlagen. Und es gibt Gewinner und Verlierer. Dass Giorgia Meloni mit ihren „Brüdern Italiens“ diese Wahl gewinnen würde, war längst klar. Sie bringt sich derzeit als erste Frau überhaupt für das italienische Ministerpräsidentenamt in Stellung. In den letzten Monaten hat sie mehrfach versucht, ihr allzu starkes konservatives und rechtes Gedankengut zu verschleiern und aufzuzeigen, dass sie keine Faschistin sei. Viele Wählerinnen und Wähler haben ihr die clevere Kommunikation abgenommen und ihre Partei massenhaft gewählt. Ihr Lega-Pendant Matteo Salvini hat eine ordentliche Klatsche erhalten und auch die Ergebnisse von Forza-Italia-Präsident Sivio Berlusconi blieben unter den Erwartungen. Aber immerhin schaffte es der 85-jährige vierfache Ministerpräsident wieder in den Senat gewählt zu werden. Und dies, obwohl er rechtskräftig verurteilt ist und für eine bestimmte Zeit sogar von allen politischen Ämtern gerichtlich ausgeschlossen wurde. Er kann damit seinen Traum, zum Senats- und vielleicht sogar zum Staatspräsidenten gewählt zu werden, auch weiterhin ausleben. Das muss man sich erst einmal vorstellen! Die Linksparteien haben auf nationaler Ebene wegen ihrer notorischen Zerstrittenheit das Wahlziel verfehlt und die Rechten überhaupt an die Macht gebracht. Die Fünf-Sterne-Bewegung hat zwar massenhaft Stimmen eingebüßt, aber sich über den Erwartungen halten können. Über den Erwartungen waren auch die Grünen und die Zentrumsparteien, die Achtungserfolge einfahren konnten. 

 

Aus Südtiroler Sicht hat die Südtiroler Volkspartei zwar ein blaues Auge verpasst bekommen, aber ihr wichtigstes Wahlziel erreichen können. Die Partei hat mit 44 Prozent (Kammer) und 39 Prozent (Senat) ihr bislang schlechtestes Ergebnis bei Parlamentswahlen eingefahren, aber dennoch fünf Parlamentarier ins Ziel bringen können. Meinhard Durnwalder und Julia Unterberger bleiben im Senat, während in der Kammer Manfred Schulian, Renate Gebhard und Dieter Steger Platz nehmen werden. Das sechste Mandat (Bozen-Unterland) konnte um 493 Stimmen nicht erreicht werden. Da wäre wohl mehr drin gewesen! Dafür zieht der ehemalige Bozner Bürgermeister Gigi Spagnolli (PD) in den Senat ein. Aus Pustertaler Sicht sind vor allem die hohen Verluste für die SVP im Tal ein Warnsignal – auch wenn im neuen Wahlkreis heuer erstmals mit Meinhard Durnwalder noch weitere sechs deutsche Kandidaten anderer Parteien – darunter mit Hans Heiss (Grüne) und Ulli Mair (Freiheitliche) auch zwei Großkaliber – um die Stimmen gebuhlt haben. 

 

Etwas hat die SVP aber echt verbockt: Ausgerechnet Michaela Biancofiore, ein rotes Tuch für die SVP, wurde im Wahlkreis Rovereto in den Senat gewählt und zwar denkbar knapp. Das war nur möglich, weil die SVP diesmal allein marschieren wollte. Das hätte man wohl anders haben können. Ebenfalls gewählt wurde Alessandro Urzí. Beide krönen nun mit tatkräftiger Unterstützung der „fratelli“ eine langjährige politische Karriere. Und beide könnten im hohen Haus in Rom für mächtig Ärger sorgen, da sie in Vergangenheit nicht unbedingt durch Sachlichkeit und politische Weitsicht aufgefallen sind. Die Oppositionsparteien in Südtirol haben diesmal das Feld bewusst nicht der SVP überlassen wollen. Sowohl das Team K, als auch die Freiheitlichen, die Grünen und die neue Partei „Vita“ mit der No-Vax-Bewegung im Schlepptau haben eigene Kandidaten aufgeboten und dabei durchwegs Achtungserfolge eingefahren. Sie werteten den Wahlgang vor allem als Stimmungstest für die bevorstehenden Landtagswahlen im nächsten Jahr. Mit der geringsten Wahlbeteiligung in Italien (63,9 Prozent) und in Südtirol (62,2 Prozent) kann sich aber wohl niemand zufriedengeben. Das ist mehr als ein Weckruf – für alle!

 

Reinhard Weger

 

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