Koalitionspoker

  

Am zweiten Dezember 2023 stimmte die SVP im Parteiausschuss über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit den Freiheitlichen, den „Fratelli d’Italia“, „Lega“ und „lista civica“ ab. 41 Mitglieder dieses zweithöchsten Parteigremiums waren dafür, 17 dagegen und eine Stimme blieb weiß. Damit hat die Sammelpartei die Weichen für die Koalitionsverhandlungen gestellt. Es liegt auf der Hand, dass diese Entscheidung – immer unter der Voraussetzung, dass die Verhandlungen auch positiv abgeschlossen werden können – einige Diskussionen hervorrufen würde. In der Folge dieses Votums kam es dann auch zu Protestbriefen und Austritten. Der bislang prominenteste Austritt war jener des ehemaligen Abgeordneten, ehemaligen SVP-Arbeitnehmerchefs und ehemaligen Brixner Bürgermeisters, Albert Pürgstaller. Der frühere WOBI-Präsident fuhr vor allem gegen die „fratelli“ schweres Geschütz auf. Heftige Kritik kam auch von den Grünen, dem PD (Partito Democratico) und den Sozialisten Südtirols (PSI).

 

Auf der anderen Seite bringen sich die Befürworter von derartigen Koalitionsgesprächen in Position. Allen voran die Mehrheit der SVP-Bezirksobmänner, aber auch SVP-EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann und der ehemalige Gouverneur Luis Durnwalder. Letzterer plädierte für mehr Sachlichkeit und Pragmatismus. Er rief dazu auf, den Koalitionsgesprächen den nötigen Raum und Vertrauensvorschuss zu geben. Das ist ein Ansatz, der angesichts der Fehler im Zuge der „Koalitions-Vorgespräche“ nicht der schlechteste Rat ist. Denn was sich im Vorfeld alles abgespielt hat, war überraschend. Zum einen wurden mögliche Partner mit ungeschickten Äußerungen vor den Kopf gestoßen und schlicht verprellt und zum anderen wurden die Italiener mit ihren – zugegebenermaßen präpotenten – Forderungen anfangs ins Lächerliche abgedrängt. Auch bei der Forderung nach dem zweiten italienischen Landesrat wurde nicht gerade mit politischer Klugheit geglänzt. Damit haben sich die höchsten Parteivertreter der SVP um wertvolle Alternativen gebracht und werden die Quittung spätestens bei den richtigen Koalitionsgesprächen, die ja noch anstehen, zu spüren bekommen. Politische Souveränität und Weitsicht sehen anders aus. Die Leidtragenden sind wir alle, nicht die Partei allein!

 

Nun sind viele über das Votum im SVP-Parteiausschuss überrascht. Dabei ist es nun wichtig, den Dingen ihren Lauf zu lassen und die programmatischen Diskussionen rechtzeitig und vollinhaltlich zu führen. Dazu ist es notwendig, sich aktiv einzubringen. Wie das Online-Portal „Salto“ aufgezeigt hat, besteht der SVP-Parteiausschuss aus 96 Personen. Bei einer der wichtigsten Weichenstellungen bei der Sitzung am 2. Dezember 2023 waren offenbar nur 59 Personen anwesend. Damit glänzten knapp 40 Prozent der Mitglieder durch Abwesenheit. Julia Unterberger führt laut Salto ins Feld, dass „viele diese Sitzung falsch eingeschätzt haben“. Es war nicht klar, dass es überhaupt zu dieser Abstimmung kommen sollte. Wie bitte? Ändert das etwas am Tatbestand? Ich habe ein völlig anderes Amts- und Funktionsverständnis und fühle mich bei solchen Aussagen als eingefleischter Ehrenamtlicher richtig veräppelt. Dann auch noch die Schuld für das eigene Fernbleiben auf angeblich nicht vollständige Einladungsschreiben zu schieben, schlägt dem Fass den Boden aus. Das wäre das Gleiche, als ob ein Vereinsvorstand immer niederschreiben müsste, dass auch abgestimmt wird. So etwas ist mir in meiner mittlerweile fast 20-jährigen Laufbahn als Feuerwehr-Kommandant noch nie untergekommen! Das ist fast so, als ob Abstimmungen und Debatten eine unterschiedliche Gewichtung hätten! Da braucht es wirklich ein Umdenken und zwar rasch. Denn es geht nicht nur um das Wohl auf parteipolitischer Ebene, sondern es geht um das Wohl des ganzen Landes!     

 

     

Ihr Reinhard Weger
     

 

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