Jede neunte Frau erkrankt an Brustkrebs. Mit rund 25 Prozent aller Tumorerkrankungen ist er der am häufigsten auftretende Tumor bei Frauen im Pustertal. So schwerwiegend die Diagnose Brustkrebs ist, sind die Chancen, die Krankheit zu besiegen, immer aussichtsreicher. Dank vieler neuer Behandlungsmethoden und der frühzeitigen Entdeckung der Krankheit, können immer mehr betroffene Frauen mit einer dauerhaften Heilung rechnen.

 Breast-Cancer-screening

 Eine Brustkrebs-Diagnose ist für jede Frau ein echter Schock

 

„Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Als ob mir jemand den Boden unter den Füßen wegreißen würde. Der Anruf, die Worte der Ärztin, ich musste das erst mal begreifen, annehmen“, erzählt die 34-jährige Simone G. der PZ-Reporterin. Eine Welt brach in sich zusammen. Eine Welt, in der sie sich bis jetzt so sicher und geborgen gefühlt hatte. Plötzlich war alles anders. „Die Diagnose kam sehr überraschend, ich hatte nicht damit gerechnet - ich denke das tut niemand“, so die junge Mutter. Der gesamte Tagesablauf, die Routine, ein ganzer Lebensabschnitt musste neu geordnet werden. Die Frage, warum es genau sie getroffen hat, stellte sie sich nicht. Wozu auch? Die Situation war ohnehin schon schwer genug. „Brustkrebs – man hört es so oft, aber  man schließt sich selber immer aus. Bis es einen dann trifft - unerwartet, rücksichtslos.“

 

Viele Betroffene

380 Frauen erkranken jährlich in Südtirol an Brustkrebs. Ein bösartiger Tumor, auch Mamma-karzinom genannt, bildet sich dabei im Brustgewebe. Welche Ursachen genau dazu führen, ist noch immer nicht eindeutig erwiesen – verschiedene Einflüsse wirken bei der Entstehung dieser Erkrankung zusammen, d.h. die Erkrankung ist multifaktoriell bedingt. Bestimmte Risikofaktoren können Brustkrebs fördern. Dazu gehören zum einen beeinflussbare Faktoren wie Alkohol- und  Nikotinkonsum, fettreiche Kost, Übergewicht und zum anderen nicht beeinflussbare, zum Beispiel genetisch bedingte Faktoren (familiärer Brustkrebs).

„In fünf bis zehn Prozent der Fälle ist Brust- und Eierstockkrebs familiär bedingt. Inzwischen weiß man, dass es von einer Veränderung in der Geninformation kommt und dass hierbei das Risiko zu erkranken vererbt wird“, so Prof. Dr. Christian Marth, Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Innsbruck. „Es gibt Möglichkeiten, das Risiko an Brustkrebs zu erkranken, mit einem Gentest zu ermitteln. Wenn in der Familie zum Beispiel gehäuft Brustkrebs auftritt oder in der Verwandtschaft jemand in sehr jungen Jahren erkrankt ist, sind dies Faktoren, die ein erhöhtes Risiko bedeuten könnten. So kann man sich beraten lassen und gegebenenfalls anhand einer Blutabnahme einen Gentest machen. Nach dem Test hat man zum einen die Gewissheit, wie hoch das Risiko eines familiären Brustkrebses ist, zum anderen wird man aufgeklärt, was man bei hohem Risiko tun kann. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Früherkennung oder eben auch eine mögliche vorbeugende Operation. Angelina Jolie hat sich zum Beispiel beide Brüste und auch die Eierstöcke entfernen lassen, weil ihr Risiko bei 87 Prozent lag. Die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Frauen mit hohem Risiko verbessern sich dadurch deutlich.“

 

Tiefe Einschnitte im Leben

„In meiner Familie hatte noch niemand Brustkrebs, vielleicht habe ich auch deswegen gar nicht damit gerechnet. Ich stand mitten im Leben, war berufstätig und Mutter eines 3-jährigen Jungen“, erzählt uns Simone G., „und von heute auf morgen war alles anders. Angst und Unsicherheit waren meine ständigen Begleiter. Die vielen Untersuchungen, die Therapie, das war alles nicht einfach, aber ich musste stark sein. Stark für mich und vor allem für meine Familie!“

Die Abteilung der Komplementärmedizin am Krankenhaus Meran beschäftigt sich sehr intensiv mit der Naturheilkunde. Auch bei Brustkrebserkrankungen kommt diese zur Anwendung. „70 bis 80 Prozent der brustkrebskranken Frauen beanspruchen Behandlungen der Naturheilkunde“, so Dr. Christian Thuile, der Leiter des Dienstes für Komplementärmedizin am Krankenhaus Meran. Hier sei es wichtig, eine seriöse Basis zu schaffen. „Die Naturheilkunde wird den Krebs nicht heilen oder eine wichtige Grundtherapie ersetzen können, aber sie ist eine optimale Ergänzung, mit der man viele Vorteile herausholen kann. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Patienten durch eine schwierige Zeit zu begleiten, Möglichkeiten zu geben, die Lebensqualität zu erhalten. Darunter verstehen wir die Nebenwirkungen der Chemo- und Bestrahlungstherapie  zu verringern, zu lindern oder sogar zu verhindern.“ Dass die Naturheilkunde dazu im Stande ist, wurde in einer Studie bewiesen, welche in Südtirol erstellt und auch in Amerika veröffentlicht wurde.

 

Umfangreicher Ansatz

Man unterscheidet verschiedene Möglichkeiten und Anwendungen der Naturheilkunde und was man alles dazuzählen möchte. Akupunktur wird zum Beispiel häufig eingesetzt gegen Übelkeit und chronische Müdigkeit, welche zu den Hauptnebenwirkungen bei einer Chemotherapie zählen. Aber auch die Pflanzenheilkunde bringt viele Möglichkeiten mit sich. Man muss sich damit allerdings sehr gut auskennen, denn es gibt auch einzelne Pflanzen, welche man während einer Chemo auf keinen Fall verwenden darf, weil sie sich negativ auswirken könnten.

 

Viel Bewegung

Neben der Naturheilkunde ist auch die Bewegung ein Behandlungsbestandteil, der sehr wichtig ist und sich positiv auf die Patienten auswirkt, so Valentina Vecellio, selbst Betroffene, ehemalige Wettkampfsportlerin, Fitnesstrainerin und Wissenschaftskommunikatorin. Vor fünf Jahren hat sie gemeinsam mit Primar Dr. Herbert Heidegger auf der Gynäkologie Meran ein Projekt ins Leben gerufen: „Bewegungstherapie bei onkologischen Patientinnen“. Die Therapie findet Anwendung in der Vorbeugung und auch in der Rehabilitation von bereits betroffenen Patientinnen. „Mit der Bewegungstherapie wollte ich Betroffenen die Möglichkeit geben, einen neuen Lebensweg zu gehen und durch die positiven Wirkungen von Bewegung aus dem Strudel von Krankheit, Depression und starken Nebenwirkungen heraus zu kommen“, so Frau Vecellio. Sport wirkt wie ein Medikament den Energiehaushalt auf Touren zu bringen. Wenn Bewegung und Sport ein regelmäßiger Bestandteil des Lebens sind, so wird das Risiko an Krebs zu erkranken um 20 bis 30 Prozent gesenkt. Bei bereits Betroffenen kann durch regelmäßige und angeleitete Bewegung das Rückfallrisiko minimiert werden. Die Intensität und die Menge von Ausdauer-, Kraft-, Dehn- und Koordinationsübungen sind, laut Frau Vecellio, ausschlaggebend für die Wirkung. Sie hat auch den Ratgeber „Aktiv gegen Krebs“ geschrieben, welcher als Leitfaden für die Vorbeugung und Rehabilitation von Krebskrankheiten gilt.

 

Den Krebs besiegt

„Ich bin wieder gesund und fühle mich lebendiger denn je“, freut sich die 34-jährige Simone G. den Brustkrebs besiegt zu haben. „Es war eine große Erleichterung von den Ärzten zu hören, dass alles reibungslos funktioniert hat und ich es endlich überstanden habe. Nach einem solchen Schicksalsschlag weiß man das Leben und die Gesundheit nochmal mehr zu schätzen. Ich bin überglücklich! Mittlerweile sind auch die Narben der Brustrekonstruktion gut verheilt, sodass ich mich wieder ganz normal und weiblich fühlen kann und mich nichts mehr an die Krankheit erinnert.“

Brustkrebspatientinnen werden in den Brustgesundheitszentren Brixen-Meran und Bozen angeschaut und schon vor einer Brustabnahme über die Rekonstruktionsmöglichkeit aufgeklärt. „Die schnellste und einfachste, nicht aber unbedingt beste Methode, um eine Brust wieder aufzubauen, ist die Silikonprothese“, meint Dr. Alexander Gardetto, plastischer und rekonstruktiver Chirurg im Krankenhaus Brixen. „Bei den Operationen wird geschaut, dass so viel wie möglich Haut von der Brust erhalten bleibt. Das ist ausschlaggebend dafür, wie die Brust danach wieder aufgebaut werden kann.“

Die zweite Variante ist die Verwendung von Eigengewebe: ein Stück Haut wird mit Rückenmuskel entnommen, über einen „Tunnel“ nach vorne geschwenkt und dann in die Brust eingebaut. Meistens braucht es dabei noch zusätzlich eine kleine Prothese. Die dritte Variante ist die Brust nur mit Eigengewebe aufzubauen. Hier braucht die Patientin Fettgewebe (z.B. ein Bäuchlein), welches wie bei einer Straffung entnommen und dann in die Brust implantiert wird. Diese Operation dauert zwischen sechs und acht Stunden, ist allerdings, wenn sie funktioniert, die beste Lösung.

Noch eine weitere Option wäre die Brust mit eigenem Fettgewebe zu rekonstruieren, das an anderen Körperstellen abgesaugt wird. Damit kann man kleine Brüste rekonstruieren, es braucht aber mehrere operative Eingriffe bis zum Ergebnis. „Die Eingriffe sind nicht gefährlich, aber jede OP hat ihre Risiken oder Komplikationen. Darüber werden die Patientinnen natürlich auch aufgeklärt“, so der Chirurg Gardetto.  

 

Brustkrebs-Nachsorge

Eine regelmäßige Brustkrebs-Nachsorge gehört mittlerweile zur Standardbehandlung von Brustkrebs. Die Brustkrebs-Nachsorge greift dann, wenn die Primärtherapie, also die Entfernung des Tumors, beendet ist. Die Brustkrebs-Nachsorge ist wichtig, um die laufende Therapie des Brustkrebs kontrollieren zu können. Dazu gehören die Untersuchungen des betroffenen Gebietes durch bildgebende Verfahren, um möglicherweise neu auftretende Tumoren schnellstmöglich behandeln zu können.

Durch die regelmäßige Brustkrebsnachsorge können außerdem Nebenwirkungen der bestehenden Therapie kontrolliert werden und der Verlauf der Krankheit im Blick behalten werden. Die Beobachtung durch die Brustkrebs-Nachsorge unterstützt den sogenannten „fighting spirit“. Diese innere Kraft von betroffenen Frauen ist zwar wissenschaftlich noch nicht als wirksam bewiesen, hat aber dennoch einen entscheidenden Einfluss auf den positiven Verlauf der Behandlungsmethode gegen Brustkrebs. Wie es die junge, starke Pusterer Mutter Simone G. vorgemacht hat.            

ph

 

 

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