Kindheit in der DDR, Flucht in die BRD, Studium in Rosenheim, jahrelang in der Welt unterwegs, heimisch geworden in Olang: Volker Repke hat viel erlebt. Besonders gerne erzählt er über sein jüngstes Projekt, die Kaffeerösterei „Terra Kahwa“. Warum er nie einen „Decaffeinato“ trinken würde und die Vorliebe für Kaffeetabs einfach nicht verstehen kann.

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Espresso, Latte Macchiato, Cappuccino: Ohne Kaffee wäre für viele der Start in den Morgen unvorstellbar. Wir verdanken seine Entdeckung einem tierischen Zufall. Um 900 n.Chr. weidete eine Ziegenherde im Königreich Kaffa in Äthiopien an einem Strauch mit roten Früchten. Anstatt zu schlafen, sprangen die Tiere umher. Der Hirte erzählte einigen Mönchen von dem Erlebnis. Die gossen die Bohnen mit Wasser auf. Der Rest ist Geschichte - und Äthiopien bis heute mit dem Kaffee verbunden. Für Volker Repke aus Olang war die lange Kaffeetradition in einem der ärmsten Länder Afrikas mit ein Grund, ins Kaffeegeschäft einzusteigen. Und er wollte Gutes tun. Aber der Reihe nach.

 

Auf den Kaffee gekommen

Kaffee ist das aktuellste Projekt des 71-Jährigen. Seit etwas mehr als 20 Jahren ist er als Arbeitssicherheitsberater tätig. Wenn er über die Bürokratie in Italien erzählt, die er tagtäglich in seinem Job erlebt, muss er mehr als einmal seine Stirn runzeln. Repke hat nicht immer als Sicherheitsexperte gearbeitet. Nach seinem Ingenieurstudium heuerte er in der Holzbranche an und war für eine Firma aus Hannover über Jahre in der ganzen Welt unterwegs. Die niedersächsische Hauptstadt hat er dabei nicht viel gesehen. Für den großen Maschinenhersteller reiste er als Technologe von Skandinavien bis in die Türkei und lernte vor Ort die Leute an den Maschinen an. „Es waren schöne Zeiten“, sagt er,  „das kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Die ländlichen Gegenden in der Türkei zum Beispiel, das war damals ja noch Mittelalter“. Dann wechselte er seinen Job und konnte sich zwischen Kanada und Südtirol entscheiden. Er wählte zweiteres und arbeitete 20 Jahre als Betriebsleiter der Firma Nordpan in Olang. In dieser Zeit lernte er auch seine Frau kennen – und blieb. Dialekt spricht er nicht. Seine Thüringer Herkunft ist aber auch nicht mehr zu hören.

 

Abenteuerliche Flucht

16 Jahre lebte Repke mit seiner Mutter in Gotha in der ehemaligen DDR, der Stadt, die für das Genealogische Handbuch des Adels* bekannt ist. Seine Mutter war Lehrerin und mit der kommunistischen Führung des Landes durch die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) nicht einverstanden. Noch vor dem Bau der Mauer setzten sich die beiden 1960 (die Schwester hatte sich bereits ein Jahr vorher davongemacht) mit der S-Bahn vom Ost- in den Westsektor ab. Sie hatten nur einen Koffer dabei und ließen alles zurück. Das Risiko war enorm. Hätte man die Lehrerin und ihren Sohn erwischt, wäre sie ins Gefängnis und er ins Heim gewandert. „Ich habe den Ernst der Lage damals vielleicht nicht ganz erkannt“, sagt er, „unser Antrieb war ein Leben in Freiheit“. Nach einigen Stationen in Mitteldeutschland begann für Repke und seine Mutter eine neue Zukunft in Bayern, in der Nähe des Chiemsees. „Ja, ich bin im Grunde genommen ein Flüchtling“, sagt er. Ein Satz, der in heutigen Zeiten eine besondere Bedeutung bekommt.

 

„Terra Kahwa“ entsteht

War Kaffee schon immer sein Lieblingsgetränk? „Nein, gar nicht“, sagt er und lacht. Mit einem Studienfreund betrieb er in Frankreich eine Firma. Als sie diese verkauften, wollten sie einen Teil des Geldes in ein sinnvolles Projekt zu stecken. „Da sind wir auf den Kaffee gekommen.“ Die beiden beschlossen, Kaffeebohnen aus Äthiopien zu kaufen und in Grenoble zu rösten. Alles sollte möglichst umweltfreundlich sein, weshalb der Kaffee auch nur in einfache Papiertüten verpackt wird. Es ist die Geburtsstunde von „Terra Kahwa“. Gleichzeitig unterstützen sie eine  Einrichtung in Addis Abeba, in der Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen betreut werden.

Über Kaffee könnte Volker Repke stundenlang erzählen. Es gibt ja auch viel zu wissen. Zum Beispiel, dass die Sorten „Arabica“ und „Robusta“ sich wie Äpfel von Birnen unterscheiden. Dass der Kaffee von Terra Kahwa nicht auf Plantagen wächst, sondern im Hochland von Äthiopien und von Hand gepflückt wird. Dass der 71-Jährige nie einen Decaffeinato trinken würde, weil das Koffein mit chemischen Mitteln aus den Bohnen geholt wird. Dass er die Bohnen für jeden Kaffee frisch mahlt und das auch jedem empfehlen würde. Warum? „Das ist ganz einfach“, sagt er, „weil ich dann weiß, was drin ist. Untersuchungen haben ergeben, dass manche Kaffees mehr als 30 Prozent Fremdstoffe enthalten, fremde Körner, Teile vom Kaffeestrauch, Wasser.“

 

Modeerscheinung Kaffeetabs

Über eine Modeerscheinung der letzten Jahre kann er nur den Kopf schütteln: die Vorliebe für Kaffeetabs. Das liegt nicht nur an den riesigen Mengen Müll, die dadurch verursacht werden, sondern auch am Preis. Zwischen 50 und 60 Euro pro Kilo kostet der Kaffee in Kapseln. „Und für ein Kilo sortenreinen Kaffee aus gesicherter Herkunft sind die Kaffeetrinker nicht einmal bereit, 15 bis 20 Euro auszugeben. Doch wer Kaffee für fünf Euro kauft, darf keine Qualität erwarten.“

 

Trotzdem bemerkt er bei vielen Konsumenten mittlerweile ein Umdenken. Das braucht eben seine Zeit. Einen guten Kaffee macht man schließlich auch nicht von heute auf morgen.      

 Verena Duregger

 

 


 

ZUR PERSON

Volker Repke, 71, lebt bis zu seinem 16. Lebensjahr in Gotha (Thüringen) in der ehemaligen DDR. Mit seiner Mutter setzt er sich noch vor dem Bau der Berliner Mauer in die BRD ab. Nach dem Abschluss des Ingenieurstudiums arbeitet er für verschiedene Firmen als Holzexperte. Seit 1994 ist er freiberuflich als Arbeitssicherheitsberater tätig. Repke hat immer wieder das Bedürfnis, etwas Neues anzufangen. Er fotografiert und hatte früher auch einmal das Gewerbe angemeldet. Als einer der ersten setzt er sich in Südtirol mit dem Thema Fernwärme aus Biomasse auseinander  und initiiert zusammen mit anderen das Fernheizwerk Olang. Daneben widmet er sich mit vollem Einsatz seinem Hobby Kaffee – ein Projekt auch mit sozialem Hintergrund:  Mit einem Studienfreund aus Frankreich betreibt er die Kaffeerösterei Terra Kahwa (www.terra-kahwa.com) und engagiert sich für ein Kinderprojekt in Äthiopien. Der Vater von zwei Kindern lebt mit seiner Frau in Olang.

 


 

*   Das Genealogische Handbuch des Adels (GHdA) ist ein Nachschlagewerk über den deutschen Adel und gibt Aufschluss über Mitglieder, Stammlisten, Familienwappen

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